Vertrauensverlust in traditionelle Medien: Ursachen, Risiken und Wege aus der Krise
„Wo Zweifel wachsen, schwindet Vertrauen“ – dieser Satz bringt auf den Punkt, was derzeit in Deutschland und Österreich zu beobachten ist: Ein spürbarer Vertrauensverlust in traditionelle Medien.
Immer mehr Menschen hegen Zweifel daran, dass etablierte Nachrichtenmedien objektiv, vollständig und unbeeinflusst berichten. Dieser Beitrag beleuchtet, woran das liegt, welche Gefahren damit einhergehen und wie glaubwürdiger Journalismus das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnen kann. Ein aktuelles Beispiel – die unterschiedliche Berichterstattung über den Gaza-Krieg – zeigt dabei, wie schon sprachliche Nuancen das Vertrauen beeinflussen können.
Fallbeispiel Gaza-Krieg: Wenn Sprache zur Vertrauensfrage wird
Am Beispiel des Gaza-Kriegs wird derzeit deutlich, wie unterschiedliche Formulierungen in der Berichterstattung zu Vertrauensfragen führen. So berichten internationale, vor allem englischsprachige Medien, sehr klar über einen Vorfall, bei dem im Gazastreifen palästinensische Rettungssanitäter getötet wurden. Die Nachrichtenagentur AP titelte unverblümt: „Israeli troops killed 15 Palestinian medics and buried them in a mass grave, UN says“. Auch die BBC und The Guardian nannten die israelische Armee als Täter deutlich beim Namen.
Solche Formulierungen lassen keinen Zweifel an der Verantwortlichkeit – Transparenz in der Sprache ist hier oberstes Gebot.
In vielen deutschen Medien klang dieselbe Nachricht jedoch merklich vorsichtiger. Häufig wurde im Passiv formuliert oder lediglich von einem „Angriff“ gesprochen, ohne die israelischen Streitkräfte explizit zu nennen. Beispielsweise berichtete RND.de: „Ein Rettungsteam ist [...] unter Beschuss gekommen“ – wer geschossen hat, bleibt ungesagt. Oft wurde die Meldung über den Tod der Sanitäter primär über UNO-Stimmen transportiert, die Vorwürfe gegen Israel erheben, anstatt dass die Redaktion selbst Ross und Reiter nennt. Diese sprachliche Zurückhaltung – ob aus journalistischer Vorsicht, politischer Sensibilität oder Angst vor Vorwürfen der Parteilichkeit – hat Folgen: Ein Teil des Publikums empfindet sie als Intransparenz oder sogar als Verschleierung von Fakten.
Medienwissenschaftler Kai Hafez konstatiert seit Jahren einen solchen Bias in der deutschen Nahost-Berichterstattung. Deutsche Redaktionen neigten „reflexhaft auf die Seite Israels“ was sich in einer zurückhaltenden Darstellung israelischer Vergehen und einer unterrepräsentierten palästinensischen Perspektive zeige. Für kritische Mediennutzer:innen ergibt sich so der Eindruck, traditionelle Medien würden nicht die ganze Wahrheit sagen. Das bestärkt Vorwürfe, etablierte Medien würden einseitig berichten oder unbequeme Tatsachen beschönigen – ein Nährboden für Misstrauen. Wenn Medien aus Sorge, angreifbar zu werden, auf klare Worte verzichten, riskieren sie paradoxerweise genau das: ihre Glaubwürdigkeit. Das Gaza-Beispiel zeigt also exemplarisch, wie fehlende sprachliche Klarheit bestehende Zweifel am Medienvertrauen weiter wachsen lassen kann.
Wachsende Zweifel: Aktuelle Studien in Deutschland und Österreich
Misstrauen gegenüber „den Medien“ ist längst kein Randphänomen mehr, sondern lässt sich mit Zahlen belegen. Eine aktuelle Info-Monitor-Studie der deutschen Medienanstalten (2025) zeigt: Rund 60 % der Deutschen vertrauen den etablierten Medien – umgekehrt hegt aber ein gutes Drittel Skepsis.
Dieses Drittel lässt sich weiter unterscheiden in unterschiedliche Typen von Mediennutzern
„Überzeugte“ (22 %): stehen den etablierten Medien sehr positiv gegenüber und vertrauen ihnen stark.
„Kritische“ (45 %): schätzen zwar traditionelle Medien, hinterfragen sie aber häufiger und differenzierter.
„Skeptische“ (26 %): haben geringeres Vertrauen und weichen vermehrt auf alternative Informationsquellen aus.
„Ablehnende“ (7 %): bewerten etablierte Medien fast nur negativ, vertrauen ihnen kaum und sind oft generell systemkritisch eingestellt
Bemerkenswert ist der enge Zusammenhang mit politischen Einstellungen: Wer den Medien vertraut, ist laut Studie in der Regel auch zufriedener mit der Demokratie, während ausgeprägte Medienzweifler häufig auch dem politischen System skeptisch gegenüberstehen Medienvertrauen dient damit als eine Art Gradmesser für die Stabilität der Demokratie. Umgekehrt finden sich besonders viele Misstrauische in den Reihen der politisch Frustrierten – etwa in Ostdeutschland und unter Anhängern der AfD
Hier hat der pauschale Vorwurf der „Lügenpresse“ in den vergangenen Jahren verfangen: Laut Langzeitstudien stimmen rund 17 % der Deutschen der Aussage zu, „die Medien würden die Bevölkerung systematisch belügen“ – ein Wert, der nach zeitweisem Anstieg während der Corona-Zeit wieder dem Niveau von vor der Pandemie entspricht. Diese Minderheit glaubt also fest an eine aktive Verzerrung oder Unterdrückung der Wahrheit durch die Mainstream-Medien.
In Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild eines schwindenden Grundvertrauens. Laut Digital News Report 2024 (Reuters Institute) geben nur noch 34,9 % der befragten Österreicher:innen an, den Nachrichten generell zu vertrauen – so wenige wie noch nie seit Beginn der Erhebung
Zum Vergleich: 2021 lag dieser Wert noch bei 46 %, seither ist er kontinuierlich gesunken. Österreich liegt damit unter dem globalen Durchschnitt von ~40 % Vertrauensrate; in Spitzenreiter Finnland sind es zum Beispiel 69 %
Besonders groß ist die Kluft zwischen politischen Lagern: Menschen, die sich selbst politisch Mitte-links verorten, haben deutlich höheres Nachrichtenvertrauen (42 %) als solche am rechten Rand (nur 24 %).
Schaut man auf konkrete Medienmarken, differenziert sich das Vertrauen allerdings stark. Qualitätsmedien genießen nach wie vor bei vielen Rückhalt: So vertrauen rund 60 % der Österreicher den Nachrichten des öffentlich-rechtlichen ORF, knapp 58 % der Tageszeitung DER STANDARD.
Auch die Presse (56 %), regionale Tageszeitungen (54 %) und selbst der polarisierende Privatsender ServusTV (52 %) erreichen noch über die Hälfte Vertrauenszustimmung
Deutlich abgeschlagen sind dagegen Boulevard- und Klickmedien wie Heute (29 %) oder OE24 (35 %)
Hier zeigt sich: Quoten sind nicht gleich Vertrauen – Reichweite-starke, aber reißerische Angebote leiden unter einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem.
Ein übergreifender Befund aus den Studien dies- und jenseits der Alpen lautet: Transparenz schafft Vertrauen. Fast drei Viertel der Befragten geben an, dass es für ihr Vertrauen entscheidend ist, nachvollziehen zu können, wie Nachrichten entstehen. In Österreich stimmten dem 74 % zu, in Deutschland sind es ebenfalls 74 %. Ebenso wichtig sind hohe journalistische Standards (72 %) sowie eine unvoreingenommene Berichterstattung (65 %)
Das Publikum honoriert also Offenheit über Quellen und Entscheidungsprozesse in Redaktionen – beispielsweise Erklärungen, warum bestimmte Begriffe genutzt oder nicht genutzt wurden, oder Einblicke in die Faktenprüfung. Genau hier liegt für traditionelle Medien eine große Chance, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen: durch größere Transparenz, konsequente Qualitätsarbeit und sichtbare Fairness gegenüber allen Seiten.
Corona-Pandemie: Nährboden für alternative Medien
Ein wichtiger historischer Kontext für den aktuellen Vertrauensschwund ist die Corona-Pandemie. In den ersten Monaten der Krise 2020 gab es zunächst einen sprunghaften Anstieg des Vertrauens – einen klassischen “Rally-round-the-flag”-Effekt, in dem viele Bürger sich in Krisenzeiten enger hinter Regierung und etablierten Medien scharen.
Doch dieser Effekt kehrte sich mit fortdauernder Pandemie um: Das Vertrauen sank in den Folgejahren wieder auf das Niveau von vor der Pandemie oder sogar darunter.
Eine Studie der Uni Oldenburg zeigt, dass im zweiten Pandemiejahr 2021 das Vertrauen in zentrale Institutionen deutlich abnahm, auch gegenüber den Medien. Gerade Printmedien erholten sich in der öffentlichen Wahrnehmung bislang nicht wieder vollständig auf Vorkrisenniveau. Offenbar führten manche Kontroversen und Fehler in der Corona-Berichterstattung zu einem bleibenden Vertrauensverlust bei Teilen des Publikums.
Parallel dazu erlebten sogenannte „alternative Medien“ Hochkonjunktur. Menschen, die unzufrieden mit der Mainstream-Berichterstattung über Lockdowns, Impfungen und Maßnahmen waren, wandten sich vermehrt anderen Kanälen zu – etwa einschlägigen Blogs, Videokanälen und Messenger-Gruppen. Plattformen wie Telegram avancierten zum Sprachrohr für Corona-Skeptiker und Verschwörungstheoretiker. Dort wurden etablierte Medien als gleichgeschaltete „Systempresse“ geschmäht und Gegen-Narrative verbreitet. Professionelle Journalisten wurden nicht selten pauschal als Erfüllungsgehilfen der Regierung dargestellt, Stichwort „Lügenpresse“ – ein während der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen oft skandiertes Schlagwort.
Dieser Trend spiegelt sich auch in Nutzungs- und Vertrauensdaten wider: So verzeichneten soziale Medien (darunter viele alternative Info-Quellen) laut der Oldenburger Studie bis 2023 einen hohen Vertrauenszuwachs und genossen am Ende der Krise sogar mehr Vertrauen als zu Beginn.
Viele Menschen blieben also bei den Kanälen, zu denen sie aus Unmut abwanderten. Gleichzeitig fand eine Polarisierung der Medienlandschaft statt: Auf der einen Seite die etablierten Leitmedien, die von einer Mehrheit weiter genutzt (wenn auch kritischer beäugt) werden; auf der anderen Seite ein lautstarkes alternatives Spektrum, das für eine wachsende Minderheit zur primären Informationsquelle wurde. Diese Spaltung, entstanden in der Pandemie, wirkt bis heute nach. Wer etwa während Corona seinen Nachrichtenkonsum komplett auf alternative Streams umgestellt hat, dem fällt der Weg zurück zu ARD, ZDF, Standard oder FAZ womöglich schwer – zu tief sitzt das Misstrauen, zu sehr fühlt man sich in der neuen Gegenöffentlichkeit bestätigt. Traditionelle Medien kämpfen seither nicht nur gegen schwindendes Vertrauen, sondern auch gegen die Konkurrenz einer parallel existierenden Informationswelt, in der oft völlig andere „Wahrheiten“ gelten.
Kampagnen gegen die „Mainstream-Medien“: Trump, Musk & Co.
Befeuert wird der Vertrauensverlust in etablierte Medien auch gezielt durch einflussreiche Akteure aus dem rechtskonservativen Lager. Ein prominentes Beispiel ist der frühere US-Präsident Donald Trump. Er hat schon während seiner Amtszeit keinen Hehl daraus gemacht, was er von den großen Medienhäusern hält, die kritisch über ihn berichteten: Er beschimpfte sie immer wieder als „Fake News“ und „Feinde des Volkes“
Diese Rhetorik – in der Geschichte typischerweise von autoritären Regimen gebraucht, um unabhängige Medien zu delegitimieren – zielte darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Presse grundlegend zu erschüttern. Trump wollte erkennbar „Verwirrung in den Köpfen der Öffentlichkeit säen, was wahr ist und was nicht; was man vertrauen kann und was nicht“
Mit Erfolg: Ein signifikanter Teil der US-Bevölkerung glaubt Umfragen zufolge inzwischen eher Trump und seinen verbündeten Medien (wie bestimmten Fox-News-Moderatoren oder rechtsextremen Internetportalen) als den traditionellen Nachrichten von New York Times, CNN & Co.. Die Vergiftung des öffentlichen Diskurses durch das Schlagwort „Fake News“ hat zudem weltweit Schule gemacht – auch europäische Populisten übernahmen gern Trumps Methode, missliebige Berichterstattung pauschal als erfunden hinzustellen. Dadurch wurde das ohnehin hitzige Meinungsklima weiter polarisiert und das ohnehin schon fragile Vertrauen in Medien noch brüchiger.
Ein aktuelles Beispiel einer Person, die aktiv am Sockel der traditionellen Medien sägt, ist Elon Musk. Der Tech-Milliardär und Twitter-Eigentümer nutzt seine Reichweite offen, um das Ansehen etablierter Medien zu untergraben. Die dabei bemühten Strategien und Narrative habe ich in diesem Blogpost analysiert. Auf der von ihm umbenannten Plattform X (vormals Twitter) bezeichnet er klassische Medienhäuser abfällig als „Legacy Media“ (Altmedien) und stellt deren Relevanz in Frage. Im Jahr 2023 sorgte Musk etwa für Schlagzeilen, als er das renommierte US-Nachrichtenmedium NPR auf Twitter mit dem Label „staatlich affiliiertes Medium“ versah – eine Einstufung, die sonst für Propagandasender autoritärer Regime reserviert ist.
NPR protestierte umgehend, dass diese falsche Kennzeichnung ihre redaktionelle Unabhängigkeit in Zweifel ziehe und ihre Glaubwürdigkeit untergrabe. Musk ließ nicht locker: Er änderte das Label zwar in „staatlich finanziert“ ab, beharrte aber auf seiner Kritik und twitterte provokant „Defund @NPR“ – die öffentliche Finanzierung von NPR solle gestrichen werden.
NPR verließ daraufhin die Plattform. Dieser Vorfall ist exemplarisch: Musk nutzt Twitter selbst, um traditionelle Medien ins Zwielicht zu rücken, und fördert gleichzeitig die Idee, wichtige Informationen würden künftig eher von unabhängigen Online-Akteuren oder Bürgerreportern kommen als von etablierten Redaktionen.
Auch in unseren Breiten hallen solche Kampagnen wider. Rechtspopulistische Politiker und Influencer versuchen seit Jahren, das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und große Zeitungen gezielt zu erschüttern. In sozialen Netzwerken werden kleine Ausrutscher oder Ungenauigkeiten der Mainstream-Medien aufgebauscht, um generelle Inkompetenz oder Voreingenommenheit zu insinuieren. Jede Korrekturmeldung der „Tagesschau“ oder jede Entschuldigung der SZ wird in diesen Kreisen nicht als Zeichen von Qualitätskontrolle gewertet, sondern als Beleg dafür, dass ständig „manipuliert“ werde und nur leider erwischt wurde. Die Folge ist ein Teufelskreis: Medienkritiker nutzen das schwindende Vertrauen, um es mit noch mehr Angriffen weiter zu schwächen.
Risiko: Warum uns der Vertrauensverlust alle angeht
Der fortschreitende Verlust des Medienvertrauens birgt erhebliche Gefahren für die Gesellschaft. Traditionelle Nachrichtenmedien übernehmen in der Demokratie eine Filter- und Brückenfunktion: Sie recherchieren verlässlich, prüfen Informationen und ordnen sie ein, um dann ein getreues Bild der Wirklichkeit an die Öffentlichkeit zu vermitteln. Wenn große Teile der Bevölkerung dieser Vermittlung nicht mehr trauen, droht eine gemeinsame Faktenbasis zu schwinden. Bereits heute zeigt sich, wohin das führen kann: Ein und derselbe Sachverhalt – sei es eine Pandemie, ein Krieg oder eine Wahl – wird je nach Medien-Blase völlig unterschiedlich wahrgenommen. Extrem formuliert, lebt jede Gruppe in ihrer eigenen Realität. Ein konstruktiver demokratischer Diskurs wird so enorm erschwert, denn er setzt zumindest grundlegende Einigkeit über Fakten voraus.
Hinzu kommt: Wer etablierten Medien misstraut, misstraut oft auch der Demokratie. Studien in Deutschland belegen deutlich, dass Medienverdrossenheit und Politikverdrossenheit Hand in Hand gehen
Medien sind nicht umsonst die „vierte Gewalt“ – sie kontrollieren Staat und Macht und ermöglichen informierte Meinungsbildung. Bröckelt ihr Ansehen, profitieren meist antidemokratische Kräfte, die das entstandene Vakuum füllen. So tragen etwa Verschwörungstheorien („die da oben lügen alle“) oder gezielte Desinformation – oft gestreut von autoritären Staaten oder extremistischen Gruppen – in einem Klima des Misstrauens besonders schnell Früchte. Die gesellschaftliche Spaltung vertieft sich, wenn kein neutrales Korrektiv mehr anerkannt wird. Im schlimmsten Fall verlagert sich das Vertrauen komplett weg von professionellem Journalismus hin zu fragwürdigen Quellen, was Manipulation Tür und Tor öffnet.
Kurzum: Ein Vertrauensverlust in Medien ist immer auch eine Vertrauenskrise der Demokratie. Deshalb sollten Medienpolitik, Journalist:innen und nicht zuletzt wir Mediennutzende selbst großes Interesse daran haben, diesen Trend aufzuhalten und umzukehren.
Was tun? Wege zur Stärkung der Glaubwürdigkeit
Wie kann also glaubwürdiger Journalismus heute aussehen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen? Die genannten Studien und Entwicklungen liefern hierzu einige konkrete Ansatzpunkte:
Maximale Transparenz: Nachrichtenredaktionen sollten offenlegen, wie sie arbeiten. Erklärstücke hinter den Kulissen, Quellenangaben, Methodentransparenz und das Eingestehen von Unsicherheiten schaffen Glaubwürdigkeit. Fast 75 % der Menschen sagen, Transparenz darüber, wie Nachrichten entstehen, sei ihnen sehr wichtig.
Medien können dem nachkommen, indem sie z.B. kennzeichnen, auf welcher Faktenbasis ein Bericht beruht, oder Zusatzboxen „So haben wir recherchiert“ anbieten.
Hohe journalistische Standards leben: Die Basics – Faktenprüfung, Sorgfalt, Neutralität – dürfen gerade in Zeiten des Misstrauens keine Kompromisse erleiden. Qualität spricht sich herum. 72 % der Befragten betonen die Bedeutung strenger journalistischer Standards für ihr Vertrauen.
Das bedeutet: Erst melden, wenn wirklich verifiziert; Überschriften, die dem Inhalt gerecht werden; und Distanz zu Einflussnahmen von Lobbyisten oder politischen Stellen.
Klarheit und Ehrlichkeit in der Sprache: Euphemismen oder unnötig passive Formulierungen sollten vermieden werden. Das Gaza-Beispiel lehrt, dass klar benannte Fakten (auch wenn sie unbequem sind) besser sind, als aus Vorsicht schwammig zu bleiben. Medien sollten Ereignisse beim Namen nennen – wer etwas getan hat, soll auch so benannt werden. Wenn etwa israelische Soldaten Sanitäter erschossen haben, dann muss das so in die Überschrift; wenn eine Behörde Fehler gemacht hat, darf das nicht verklausuliert werden. Ehrlichkeit schafft Vertrauen, selbst wenn die Botschaft hart ist.
Fehlerkultur und Korrekturen: Kein Medium ist unfehlbar. Wichtig ist der Umgang mit Fehlern. Eine offene Fehlerkultur – Korrekturen transparent veröffentlichen, gegebenenfalls Themen nochmal aufgreifen – signalisiert dem Publikum: Hier wird nichts vertuscht. Wenn Leser:innen oder Zuschauer:innen merken, dass ein Medium bemüht ist, sich selbst zu korrigieren, stärkt das langfristig die Glaubwürdigkeit.
Vielfalt der Perspektiven: Ein oft gehörter Kritikpunkt ist Einseitigkeit. Medien sollten daher bewusst vielfältige Stimmen zu Wort kommen lassen – Meinungsvielfalt in Kommentaren, aber auch verschiedene Sichtweisen in der Berichterstattung. Dazu gehört, marginalisierte Gruppen und „Menschen wie mich“ fair darzustellen – 65 % der Befragten wünschen sich eine Berücksichtigung von Leuten, mit denen sie sich identifizieren können. Wer sich und seine Lebensrealität in den Medien wiederfindet, vertraut ihnen eher.
Dialog mit dem Publikum: Gerade in Zeiten sozialer Medien erwarten viele Nutzer eine Ansprache auf Augenhöhe. Medienhäuser können Vertrauen aufbauen, indem sie in Austausch treten – durch Leserbriefe, Kommentare, Social-Media-Interaktion oder Ombudsstellen. Wenn Kritik aus dem Publikum ernstgenommen und beantwortet wird, fühlen sich die Menschen wahr- und mitgenommen statt bevormundet.
Abschließend darf nicht vergessen werden, dass Medienkompetenz auf Seiten des Publikums ein Teil der Lösung ist. Schulen, Politik und wir alle sind gefragt, den Umgang mit Informationen zu lernen: Quellen kritisch einordnen, zwischen Nachricht und Meinung unterscheiden, Falschinformationen erkennen. Doch die größte Bringschuld haben die Medien selbst: Vertrauen muss man sich verdienen. In einer Zeit, in der Zweifel gewachsen sind, reicht es nicht, auf alten Lorbeeren zu ruhen. Journalismus muss sich seiner hohen Verantwortung bewusst sein und jeden Tag aufs Neue Transparenz, Qualität und Unabhängigkeit beweisen. Gelingt dies, stehen die Chancen gut, dass verlorenes Vertrauen zurückkehrt – langsam, aber stetig. Denn am Ende bleibt die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weiterhin hungrig nach verlässlichen Nachrichten. Die Aufgabe besteht darin, diesem Informationshunger wieder glaubwürdig gerecht zu werden und zu zeigen: Wir haben aus Fehlern gelernt und verdienen euer Vertrauen.